denkubator stellt in dieser Reihe regelmäßig Trends vor, analysiert diese und beleuchtet die Relevanz für verschiedene Branchen. Heute im Focus:

3D-Druck aus Branchensicht

Wir erinnern uns noch gut an die Star Treck Serie, die in Deutschland unter dem Titel „Raumschiff Enterprise“ seit den 70er Jahren bekannt ist. Atemberaubend war dabei die Möglichkeit, Menschen schnell von einem zum anderen Ort zu beamen. So oder so ähnlich ist auch der große Trend des 3D-Printing zu betrachten. Es gibt einen Entwurf, der nur in Bits und Bytes als 3D-Modell existiert. Durch das Zufügen von Rohmaterial und eines Printers wird daraus ein physisches Modell, das man anfassen oder benutzen kann. So beamt man eine Idee, die nur aus elektronischen Impulsen besteht, ins echte Leben und spart neben einem enormen Logistikaufwand auch viel Zeit.

Natürlich ist jeder Trend in seiner Entstehung erst einmal ein Hype, in dem manche Schilderung leicht übertrieben ist. So wurde z.B. ein Szenario beschrieben, in dem beim Ausfall einer Maschine Ersatzteile und Schrauben schnell durch einen 3D Drucker bereitgestellt werden können. Wer sich aber jemals mit der Herstellung von Schrauben beschäftigt hat und weiß, wie aufwändig die Härtungsprozesse und engen Toleranzen sind, ahnt gegebenenfalls, dass diese Schilderung doch sehr gewagt ist.

Generell aber lohnt der Blick, was heute schon möglich ist: Es wird eine Brücke gespannt, die physische Produkte in erster Linie als digitale Basis zur Verfügung stellt. Beispiel Handyhalter: Man lädt sich ein (ggf. bezahltes) 3D Muster herunter und lässt es durch einen Drucker zu einem physischen Produkt werden. Heute eher die Ausnahme, in 10 Jahren sicherlich die Regel für einfache Produkte. Auf Grund des dadurch geänderten Konsumverhaltens ist es wahrscheinlich, dass diese Artikel physisch gar nicht mehr angeboten werden. Im Umkehrschluss bekommen Menschen, die sich mit der Technik nicht beschäftigen und „nicht mit der Zeit gehen“, schwieriger Zugang zu diesen Artikeln. Das hört sich dramatisch an, ist in anderen Bereichen aber schon Realität: Ohne Zugang zur Digitalisierung wird heute schon die Verfügbarkeit von Musik, Filmen oder rein online verfügbaren Artikeln erschwert oder gar unmöglich.

Anfangs konnten nur einfache Kunststoffteile im 3D-Druck hergestellt werden. Seit einigen Jahren lassen sich im 3D-Drucker mit Hilfe von Lasern aber auch Metallteile herstellen, die ein in Pulverform vorliegendes Grundmaterial schichtweise härten.

Das Internet hat vor 30 Jahren eine Revolution im Bereich der Informationsverfügbarkeit dargestellt. Im Auge vieler Experten ist diese Revolution durch 3D-Druck nun auch in der Warenverfügbarkeit angekommen. Noch sind die Drucker sehr teuer, wir wissen aber, dass diese Kosten in den nächsten Jahren sinken werden.

Was bedeutet dieser Trend aber generell für die jeweiligen Branchen?

Branchenview 1: Die Fertigungsindustrie

Hier ergänzen sich 2 Trends: 3D Printing und Personalisierung, das Zauberwort heißt hier „Losgröße 1“. Für die individualisierte Massenfertigung in Echtzeit ergibt sich eine deutlich höhere Produktionsleistung. Die für den einen speziellen Kunden hergestellten Schuhe werden so in einer bisher unbekannten Geschwindigkeit und Preis verfügbar gemacht. Im Rahmen des Trends „Industrie 4.0“ wird durch 3D-Druck vielfach die konventionelle Serienfertigung substituiert. Er verursacht zwar oft höhere Einzelkosten als konventionelle Fertigung, jedoch oft auch niedrigere Gesamtkosten, wenn die Vorteile aus schlanker Flexibilität ausgeschöpft werden.

Branchenview 2: Medizinprodukte

Bisher werden hochwertige und hochpräzise 3D-Drucke für die Produktion hochpreisiger Einzelteile eingesetzt. Schaut man in den Medizinbereich, geht es genau um diese Präferenzen: Individuelle Zahnkronen, Hüftgelenke und andere Hilfsmittel sind dann schnell und heilungsfördernder einsetzbar als Standardprodukte.

Branchenview 3: Die Kollaboration von Produzenten, Konstrukteuren und Designern.

Produktdesign wird zukünftig verstärkt auf Kollaborationsplattformen stattfinden, genau wie heute bereits die Open Source Plattformen für Software vollkommen neue Ergebnisse bringen. Ein Italienischer Designer entwirft ein Möbelstück, der Deutsche Konstrukteur fügt die statischen Elemente dazu und ein Französischer Experte verbessert die Handhabung. Ganz zum Schluss sagt ein Niederländischer Produzent dann die Umsetzung zu. Serienfertigung in Fernost ist dann immer noch billiger, bei Betrachtung der gesamten Supply Chain verschiebt sich die Rechnung dann in Richtung Einzelfertigung.

Das zeigt, das auch der Wert vom Engineering zukünftig neu bewertet werden muss. Heute ist oft Wissen, Software und Kreativleistung kostenfrei im Internet zu bekommen. In Zukunft dann möglicherweise auch der Bauplan von Dingen des Alltages.

Branchenview 4: Die Bauindustrie

Es klingt kurios, aber in der Bauindustrie wird die größte Veränderung erwartet. Bereits in diesem Jahr wurde im chinesischen Bezirk Tognzhou mit einem 3D-Drucker eine zweistöckige Villa in 45 Tagen Bauzeit erstellt. Sie soll Architekten und Bauherren zufolge Erdbeben der Stärke 8.0 auf der Richterskala standhalten. Standardisierte Bauteile und Gebäude werden auf dafür spezialisierten Druckern hergestellt. Im Gegensatz zu Fertighäusern sind aber sehr einfach Individuallösungen machbar. So verändert sich auch der Beruf des Architekten mehr und mehr zum 3D-Spezialisten.

Branchenview 5: Der Handel

Was ist der Handel der Zukunft? Eine Anordnung von vielen Monitoren statt Regalen, auf denen sich Kunden individuelle Produkte per Touchscreen konfigurieren können? Das Lager steht voll mit Rohmaterial und verschiedenen Druckern, die dem Kunden dann in minutenschnelle genau die Artikel liefern, die er sich wünscht?
Nein, sicherlich nicht, diese Vision hätte den Menschen nicht im Fokus. Es ergeben sich aber neue Chancen für den eCommerce, durch intuitive Interfaces den Kunden komplett neue „Baupläne“  zu verkaufen, die er dann Zuhause oder in speziellen Printstationen real werden lässt. Die gesamte Dienstleitung rund ums Printen wird zudem den stationären Handel mit neuen Services bereichern. Das Einkaufserlebnis 4.0 zeichnet sich dann dadurch ab, dass verschiedene multisensorische und aktivierende Elemente den Shopper von morgen begeistern.
Sicherlich gibt es noch viele Bereiche, die ich bisher nicht auf dem Radarschirm habe. Daher freue ich mich, wenn in den Kommentarspalten weitere Einflussparameter verfasst werden. Jeder Leser wird sich über weitere Inspirationen freuen. Es bleibt also spannend!
Foto: mint-tec.com
Dieser Beitrag erschien zuerst auf zukunftdeseinkaufens.de